Zwei Klassiker in der deutschen Rebenlandschaft sind Neuzüchtungen, die längst nicht mehr neu sind. Müller-Thurgau, eine der meistangebauten Rebsorten in Deutschland, wurde bereits im Jahr 1882 von Hermann Müller aus dem schweizerischen Kanton Thurgau an der damals königlichen Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Geisenheim gezüchtet. Man nahm zunächst an, die Sorte sei eine Kreuzung aus Riesling und Silvaner. Gentechnische Untersuchungen zeigten jedoch, dass Riesling und Madelaine Royale für die Kreuzung verantwortlich zeichnen. Die Müller-Thurgau-Rebe stellt relativ geringe Ansprüchen an ihren Standort und wächst heute in Deutschland auf einer Rebfläche von 13.100 Hektar. Aus der Sorte entstehen leichte und elegante Qualitätsweine mit milder Säure und feinem Muskatton.
Ein weiterer Klassiker unter den Neuzüchtungen ist die Rotweinrebe Dornfelder, die, wenn sie aus geringen Erträgen erzeugt wird, hervorragende und dichte Rotweine ergibt. 1955 von August Herold aus der Sorte Helfensteiner (Frühburgunder x Trollinger) und der Heroldrebe (Portugieser x Limberger) gekreuzt, wird der Dornfelder heute in allen Rotweinregionen Deutschlands auf insgesamt 8200 Hektar angepflanzt. Die Weine kennzeichnen sich durch ihre tiefdunkle Farbe, fruchtige (Kirsch- und Beeren-) Aromen und milde Gerbstoffe.
Info: Neuzüchtungen sind für den Weinbau sehr wichtig. Neben der kontinuierlichen Verbesserung der Weinqualität kreuzt man Reben unter anderem, um die Anfälligkeit gegen Schädlinge und Krankheiten zu minimieren und dadurch den Einsatz von Chemikalien zu reduzieren. So leistet die Rebenzüchtung mit ihrer schwierigen und langwierigen Arbeit einen Beitrag zum Umweltschutz. Es kann bis zu 25 Jahre oder länger dauern, bis eine neue Rebsorte entwickelt, erprobt und zugelassen ist.
Die Weißweinrebe Kerner, die ebenfalls zu den Neuzüchtungen aus der Hand von August Herold zählt, wurde im Jahr 1929 aus den Sorten Trollinger und Riesling gekreuzt. Sie wächst heute in allen deutschen Weinanbaugebieten und ist beliebt als Spätlese, aber auch als leichterer Schoppenwein.
©Deutsches Weininstitut (DWI)